
Auf den ersten Blick scheint alles sehr stimmig und unisono düster: zwei sehr ernste Menschen auf einem sehr schwarzen Cover mit dem sehr schweren Titel „Echoes of Eternity“. Ein Album, das man eher um Allerheiligen als im Frühjahr erwarten würde. Und doch haben sich der Bassbariton Milan Siljanov und seine künstlerische Partnerin und Frau, die Pianistin Nino Chokhonelidze, entschieden, neben Johannes Brahms’ „Vier ernsten Gesängen“ op. 121 mit Texten aus der Bibel sechs Lieder respektive musikalische Gedichtinterpretationen von Franz Schubert und „Sechs Monologe aus ‚Jedermann‘“ des Schweizer Komponisten Frank Martin zu veröffentlichen.
Lässt ein zweiter Blick – der ins Booklet – auch ein wenig Hoffnung durchschimmern, wenn Trostlosigkeit und Verzweiflung über existenzielle Fragen immer wieder durch kleine Leuchtpunkte aufgebrochen werden, so löst die Musik das nur in Nuancen ein. Bedrückend klingt es, wenn sie von Tod, Verzweiflung und Untergang erzählt – allein das vierte Brahms-Lied, das der Komponist nachträglich in den Zyklus eingefügt hat, gibt Aussicht, dass „der Tod nicht das Ende ist, sondern eine Weiterführung in eine ferne Ewigkeit“. Und Milan Siljanov verleiht seinen Worten aus dem Booklet Nachdruck im persönlichen Gespräch: „Ja, das war die Idee des Albums: eine Seele, die immer weiterwandert.“
Den Eindruck, es handle sich bei dem Sänger mit persisch-mazedonischen Wurzeln und seiner georgischen Frau um ein Künstlerpaar, das dem Ernst des Lebens näher ist als der Leichtigkeit, widerlegt sehr schnell der dritte Blick: der auf die beiden live, als sie ihr neues Album vorstellen. „Ich musste meiner Plattenfirma versprechen, dass ich, falls es eine nächste CD geben wird, ein ganz heiteres Programm machen werde“, erzählt Siljanov launig, um augenzwinkernd zu ergänzen: „Und dann fange ich mit ‚An Silvia‘ von Schubert an.“
Tatsächlich sind die beiden schlicht: sehr ernsthafte Musiker, egal ob im heiteren oder im dramatischen Genre, dabei menschlich mit einem so guten, geistreichen und schnellen Humor ausgestattet, dass man ihnen gern dabei zuhört, wie sie sich gegenseitig die Bälle zuwerfen. Und das tun sie oft. Allein die Geschichte, wie sie sich kennengelernt haben, erzählt viel über sie und ihre Beziehung, aber auch ihren Werdegang, der für Siljanov am Klavier begann. Es war im Sommer 2008, als sie sich bei einem Meisterkurs im Schloss Weidenkam am Starnberger See trafen, Nino Chokhonelidze war bereits ausgebildete Pianistin, Siljanov „angehender Möchtegernstudent – im Kopf war ich Swjatoslaw Richter, an den Tasten war ich weit weg davon“. Und lachend fährt er fort, dass er die Situation vielleicht dramatischer erzähle, als sie gewesen sei, aber Nino hätte ihn damals gefragt: „Warum spielst du Klavier?“ Dabei hatte seine Frau ihn natürlich längst singen gehört und gesagt, er gehöre eher zum Gesang. Wie auch immer ihre Wortwahl gewesen sei, grinst Siljanov, „es muss einen dramatischen Effekt auf mich gehabt haben“.
Zum Glück! Siljanov wechselte das Fach, und es war der Anfang einer wunderbaren Karriere. Geboren und aufgewachsen in Zürich, studierte er zunächst an der Zürcher Hochschule der Künste, bevor er an der Guildhall School of Music and Drama in London mit dem Opera Course seine Ausbildung abschloss. Es sei Bryn Terfel gewesen, weshalb er nach London gegangen sei – er wollte zum selben Lehrer wie er, zu Rudolf Piernay. Und die „Berliner Schnauze“ sei genau richtig gewesen nach einem sehr lockeren Lehrer in Zürich.
Erste Preise beim Liedwettbewerb der Wigmore Hall und beim 50. Internationalen Gesangswettbewerb in ’s-Hertogenbosch sowie der zweite Preis und der Publikumspreis beim ARD-Musikwettbewerb 2018 folgten, darüber hinaus war er Stipendiat der Independent Opera Voice Fellowship der Wigmore Hall. Von 2016 bis 2018 war er Mitglied im Opernstudio, seither ist er Ensemblemitglied der Bayerischen Staatsoper. Entsprechend lebt das Ehepaar mit zwei Kindern heute in München. Gastspiele führen ihn nach Wien, Dublin, Verbier, Berlin, Stuttgart sowie an die Opéra national de Paris, wo er 2024 als Förster in Janáčeks „Das schlaue Füchslein“ debütierte. Große Rollen in „Rheingold“, „Katja Kabanová“, „Hänsel und Gretel“, „Tosca“ und als Wilderer Haraschta in „Das schlaue Füchslein“ stehen in der aktuellen Spielzeit in München auf dem Plan.